Blau-grüne Infrastruktur | Wasserwirtschaft, Naturschutz, Katastrophenschutz

Fließende Gewässer und deren Auen bilden durch ihre komplexen Ökosysteme einen Lebensraum für vielerlei Tier- und Pflanzenarten. Im Zuge des Klimawandels und der damit verbundenen Extrem-Wetterereignisse mit Starkregen und Dürreperioden steht der nasse Lebensraum vor besonders gravierenden Herausforderungen. Durch den geradlinigen Bachlauf, die hohen Fließgeschwindigkeiten und den standortuntypischen Bewuchs durch große Fichten-Monokulturen war der Tannenbach bei Schönthal im Landkreis Cham und dessen direkte Umgebung dieser zukünftigen Problematik ganz besonders stark ausgesetzt.
Um sich bestmöglich für die Herausforderungen des Klimawandels zu rüsten, sich an dessen Folgen anzupassen und die Biodiversität nachhaltig zu stärken, sollte das Gewässer renaturiert und das Gebiet rund um den Tannenbach ökologisch aufgewertet werden. Die Initiative dazu ergriff der Landesbund für Vogelschutz (LBV) – Kreisgruppe Cham, der die knapp zwei Hektar große Fläche durch Neuverteilung im Rahmen der Flurneuordnung Schönthal erhielt. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zeichnete die Renaturierung des Tannenbaches für die herausragenden Einzelleistungen im Bereich „Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel“ mit dem Staatspreis 2022 aus.
Gemeinsam für die Natur und gegen den Klimawandel
Als langjähriger Kooperationspartner nutzte der LBV bereits gerne Instrumente wie das Bodenmanagement der Ländlichen Entwicklung für seine Arbeit. Zusammen mit der Teilnehmergemeinschaft Schönthal wollte er als eine der letzten Maßnahmen der Flurneuordnung ein Projekt zur Renaturierung und beispielhaften Reduzierung der Transportfähigkeit von Erosionseinträgen durch Mäandersandfänge im Gebiet des Tannenbaches umsetzen. Dabei sollte das Gewässer zurück zur Natur und mithilfe einer baulichen Initialzündung zukünftig wieder frei fließen können.
In Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Oberpfalz, dem Wasserwirtschaftsamt Regensburg und der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde wurden die Maßnahmen zur langfristigen Stärkung sowie Sicherung der Biodiversität veranlasst und durchgeführt. Besonders erwähnenswert ist die sehr schnelle Umsetzung der Maßnahme, die im November 2019 startete und im Mai 2020 fertiggestellt wurde. Die Renaturierung und alle begleitenden Arbeiten kosteten lediglich rund 32.000 Euro – deutlich weniger als die veranschlagten 41.650 Euro. Die Kosten wurden in voller Höhe vom ALE Oberpfalz gefördert.
Durch Gewässerrenaturierung zurück zur Natur
Mit dem Geld wurde ein neuer natürlicher Bachverlauf über eine Länge von rund 425 Meter angelegt und modelliert. Durch diese Maßnahme konnte eine Grobvorgabe für einen naturnahen, gewundenen Gewässerlauf geschaffen werden, welcher es dem Bach ermöglicht, künftig eine eigendynamische Entwicklung zu vollziehen. Durch vielfältige Strukturen, wie Prall- und Gleitufer, und durch eine Varianz der Breite sowie Tiefe des Bachbetts, wurde das Vorhaben zusätzlich unterstützt und gleichzeitig die Fließgeschwindigkeit verlangsamt. Zur Wiederbelebung der Fischbestände wurden Wurzelstöcke und Totholz in den Bach eingebracht, welche vielen Fischarten Laichplätze bieten.
Die Anlage von zwei Sandfängen ermöglicht eine Ablagerung der hauptsächlich von landwirtschaftlich genutzten Flächen eingetragenen Sedimente. Bei Überschwemmungen kam es vor der Renaturierung zu Sedimentauslösungen der angrenzenden Uferflächen in den geradlinigen und eher seichten Tannenbach. Die Sedimente wurden wiederum in die nachfolgende Schwarzach transportiert und minderten dadurch auch deren Gewässerqualität. Mit den Sandfangbecken konnte bereits nach kurzer Zeit eine wesentliche Verbesserung der Gewässergüte sowie die Zielerfüllung der Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden. Die Becken können bei Bedarf ausgebaggert werden, um wieder Platz für neue Sedimentablagerungen zu schaffen.
Auenlandschaft als artenreiches Ökosystem
Mit der Pflanzung von standortgerechten Erlen, Weiden und Birken anstatt der bislang vorherrschenden Fichten-Monokultur konnte ein vollwertiges Auenbiotop entstehen, das seinerseits ebenfalls die ansässige Fauna und Flora bereichert. Nach einer Initialpflanzung von rund 50 Sträuchern, wurde der Renaturierungsprozess der umliegenden Aue der Natur selbst überlassen, so dass sich vor allem beständige, standortangepasste Pflanzen niederlassen können. Eine regelmäßige Sichtung der Fläche ist nötig und erfolgt, um beispielweise bei einer Ausbreitung des exotischen Springkrauts oder anderer Neophyten rechtzeitig gegensteuern zu können.
Durch dieses Gesamtkonzept auf einem Areal von rund zwei Hektar konnte eine nachhaltige Verbesserung der Aue des Tannenbaches sowie des Baches selbst erzielt werden. Alle ergriffenen Schritte brachten besonders auch für die Zukunft angesichts sich verändernder Klimabedingungen eine maßgebliche Verbesserung des Ökosystems rund um den Tannenbach mit sich.
Bildrechte: LBV-Kreisgruppe Cham
Klimafolgen
Starkregen/Sturzfluten, Hochwasser, Artenschutz
Maßnahmenträger
Gemeinde Schönthal, Teilnehmergemeinschaft Schönthal
Zielgruppe
Ansprechpartner
Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz: poststelle@ale-opf.bayern.de
weitere Informationen