Direkt zum Inhalt

Hochwasser

Hochwasser sind ein Teil des natürlichen Wasserkreislaufs. Sie entstehen meist durch überdurchschnittlich hohe Niederschlagsmengen und Schneeschmelzen im Frühjahr oder einer Kombination beider Faktoren. Vorbedingungen für Hochwasserereignisse sind unter anderem ein hoher Wassersättigungsgrad des Bodens bzw. hochwasserfördernde topographische Eigenschaften von Flusseinzugsgebieten. Befinden sich menschliche Siedlungen im Bereich des Hochwassers, sind Personen und Güter gefährdet. Als Folge können teils enorme Schäden entstehen. Infolge des menschengemachten Klimawandels werden extreme Hochwasserereignisse in Zukunft wahrscheinlicher.

Veränderungen im Wasserkreislauf

Die durch den Klimawandel ansteigenden Temperaturen führen zu Veränderungen im Wasserkreislauf (siehe Abbildung 1). Durch die steigende Verdunstung kommt es zu einem höheren Wassergehalt in der Atmosphäre. Es können vermehrt Extremereignisse, wie einerseits heftige Starkregenereignissen einschließlich Sturzfluten sowie andererseits längere und intensivere Trockenperioden, auftreten. In der Zukunft werden diese Extreme sowohl in ihrer Häufigkeit als auch in ihrer Intensität zunehmen. Flutkatastrophen, wie beispielsweise die in Simbach am Inn im Jahr 2016, werden wahrscheinlicher.

Bild
Schematische Darstellung der Grundwasserneubildung

Abbildung 1:  Schematische Darstellung des Wasserkreislauf. © StMUV

Darüber hinaus führt der – in der Vergangenheit beobachtete und für die Zukunft projizierte – Temperaturanstieg im Winter dazu, dass Niederschlag vermehrt als Regen und nicht als Schnee fällt. Das Wasser wird somit nicht in Form von Schnee zurückgehalten. Da es zusätzlich einen Trend in der jahreszeitlichen Verteilung des Niederschlags hin zu trockeneren Sommern und niederschlagsreicheren Wintern gibt, werden Hochwasserereignisse wahrscheinlich auch vermehrt im Winterhalbjahr auftreten. Die charakteristische Schneeschmelze im Frühjahr wird für das Hochwassergeschehen in Zukunft weniger relevant.

Hochwasserarten und ihre Entstehung

Auf Basis der Entstehungsprozesse können verschiedene Hochwasserarten differenziert werden. Diese unterscheiden sich unter anderem in der Dauer und der Stärke des Niederschlags sowie den vorherrschenden Eigenschaften im jeweiligen Einzugsgebiet. Die verschiedenen Hochwasserarten (siehe auch Abbildung 3) werden nachfolgend erläutert.

Bild
Schematische Darstellung verschiedener Hochwassertypen

Abbildung 2:  Schematische Darstellung verschiedener Hochwassertypen.

  • Flussüberschwemmungen können durch langandauernde und großflächige Niederschläge (Landregen) entstehen. Sind die Böden durch vorangegangene Niederschläge bereits wassergesättigt, fließt ein großer Teil des Niederschlags oberflächlich in die Vorfluter ab. Die Wasserstände in den Flüssen steigen an – es kommt zu Überschwemmungen. Im Frühjahr führt darüber hinaus oftmals Schneeschmelze, die in höheren Lagen stattfindet, zu höheren Abflüssen. Dies kann ebenso Überschwemmungen verursachen oder durch langandauernde Niederschläge entstehende Hochwasser zusätzlich verstärken. Wie jedoch bereits oben erwähnt, ist zu erwarten, dass der Einfluss der Schneeschmelze auf Hochwasser durch die infolge des Klimawandels ansteigenden Temperaturen in Zukunft abnimmt.
     
Bild
Hochwasser der Donau bei Hofkirchen [

Abbildung 3: Hochwasser der Donau bei Hofkirchen.
 

  • Durch lokale Starkregenereignisse können Sturzfluten entstehen. Die Beschaffenheit des Bodens hat neben der raum-zeitlichen Verteilung des Niederschlages einen maßgeblichen Einfluss auf das Ausmaß der Überflutungen: Fällt der Niederschlag auf wassergesättigte Böden, so fließt ein Großteil des Wassers oberflächlich ab. Nach langen Dürreperioden stark ausgetrocknete Böden können ebenso nur wenig Wasser in kurzer Zeit aufnehmen (Infiltrationskapazität). In besiedelten Gebieten ist der Anteil an durch Bebauung versiegelter Böden maßgeblich.
    Sturzfluten sind räumlich nicht an ein Gewässer gebunden und können binnen sehr kurzer Zeit auftreten. Die Vorwarnzeiten sind dementsprechend gering, der mögliche Schaden hoch. Da Starkniederschlagsereignisse meist lokal begrenzt sind, betreffen Sturzfluten vorwiegend kleinere Einzugsgebiete.
     
  • Hochwasser kann auch durch einen Grundwasseranstieg entstehen. Ursächlich für den zeitversetzten Anstieg können überdurchschnittliche Niederschläge oder auch ein Flusshochwasser sein, da Fließgewässer unterirdisch mit dem Grundwasser verbunden sind. So können, insbesondere in Senken, auch Siedlungen von Hochwasser betroffen sein, die nicht in unmittelbarer Nähe eines Gewässers liegen.
     
  • In städtischen Bereichen können starke Niederschlagsereignisse zu Überflutungen führen. Man spricht dann von urbaner Flut. Diese entsteht, wenn der durch Niederschlag entstandene Abfluss die Kanalkapazität zur Entwässerung übersteigt, sodass es zur Überschwemmung von Straßen und Gebäuden kommt.

Klimafolgen

Die in Zukunft zu erwartende Zunahme extremer Hochwasserereignisse hat Auswirkungen auf eine Vielzahl von Handlungsfeldern. Die Klima-Steckbriefe für die bayerischen Regierungsbezirke stellen umfassende Informationen zu regionalen Auswirkungen und Folgen des Klimawandels zur Verfügung (siehe Abschnitt: „Weiterführende Informationen“). An diesen Publikationen orientiert sich die folgende Aufzählung der durch die zunehmenden Hochwasserereignisse entstehenden Klimafolgen für die jeweiligen Handlungsfelder:

Wasserwirtschaft

  • Schäden an Bebauung sowie Versorgungsinfrastruktur (Wasserleitungen, Kanalnetz) und damit verbundene Kosten zur Wiederherstellung
  • Sinkendes Schutzniveau bestehender Hochwasserschutzanlagen, wenn das bisherige Bemessungshochwasser (aufgrund klimatischer Veränderungen) nicht mehr repräsentativ ist und häufiger überschritten wird
  • Beeinträchtigung der Gewässersohle und deren Kieslückensystem als Laich- und Nahrungshabitate durch verstärkte Einträge von Schadstoffen und Sedimenten
  • Hydraulische Überlastung von kleineren Fließgewässern mit morphologischen, d. h. die Gewässerstruktur betreffenden Folgen (z. B. Sohlerosion)
  • Eintrag von Sediment, Nähr- und Schadstoffen in die Gewässer (Eutrophierung)

Menschliche Gesundheit

  • Gefahr für Leib und Leben
  • Bakteriologische Verunreinigung des Trinkwassers
  • Angststörungen, depressive Erkrankungen und posttraumatische Stresserkrankungen in Folge eines erlebten Extremereignisses wie Hochwasser oder Sturzfluten

Landwirtschaft

  • Schäden im Ackerbau sowie an Grünland und Sonderkulturen des Garten-, Obst- und Weinbaus
  • Schäden durch Erosionsprozesse wie Nährstoffverlagerung, Verlust des Oberbodens, Abnahme der Bodenfruchtbarkeit, Humusverlagerung, Gewässereutrophierung und Schäden an der Infrastruktur
  • Erhöhter Krankheitsdruck auf Pflanzen, insbesondere durch Pilzbefall

Forstwirtschaft

  • Gefährdung der Schutzfunktion von Wäldern (z. B. Verringerung von Bodenabtrag durch Wasser und Wind sowie von Erdrutschen, Bindung von Kohlendioxid, Luftreinigung)

Städtebau und Bauleitplanung

  • Überlastung von Gebäude- und siedlungsbezogenen Regenentwässerungs- sowie Abwasserentsorgungssystemen
  • Steigendes Risiko für urbane Sturzfluten in stark versiegelten Bereichen
  • Ggf. Zunahme von Raumnutzungskonflikten (Raumbedarf für Hochwasserschutz vs. räumliche Entwicklungsmöglichkeiten/ Immobilienwirtschaft)

Bauwesen

  • Schäden an unterirdischen Gebäudeteilen, wie Kellern oder Parkhäusern durch rückstauendes Grundwasser
  • Schäden an Gebäuden und Bausubstanz

Anpassungsmaßnahmen

Ein absoluter Schutz vor Hochwasser ist nicht möglich. Dennoch bestehen verschiedene Ansätze, das Hochwasser-Risiko für Menschen und Güter erheblich zu reduzieren. Diese umfassen die Stärkung des natürlichen Rückhalts, den technischen Hochwasserschutz sowie die Hochwasservorsorge. Lokale Lösungen verlagern oftmals die Hochwasserproblematiken lediglich entlang eines Gewässers, weshalb Schutzmaßnahmen grundsätzlich nach einer ganzheitlichen Strategie umzusetzen sind.

  • Ziel des natürlichen Rückhalts ist es, das in Form von Niederschlag gefallene Wasser in der Fläche zu halten. Hierzu werden Maßnahmen umgesetzt, die die Verdunstung sowie die Versickerung fördern. Der oberflächliche Abfluss wird so reduziert und der Aufbau einer Hochwasserwelle bei starkem Niederschlag abgeschwächt. Ein positiver Nebeneffekt der Maßnahmen ist, dass die Grundwasserneubildung gestärkt wird.
    Durch Besiedlung und Bewirtschaftung wurde der natürliche Rückhalt in vielen Einzugsgebieten in der Vergangenheit geschwächt (siehe Abbildung 4): An Gewässern haben flussbauliche Eingriffe, insbesondere Flussbegradigungen, dazu geführt, dass Hochwasserwellen in geringerem Maße zurückgehalten werden. Durch die Renaturierung von Fließgewässern können natürliche Überschwemmungsgebiete wiederhergestellt werden.
    In der Landwirtschaft trägt eine nachhaltige Bodennutzung zum Erhalt des natürlichen Rückhalts bei. Problematisch sind hier die zunehmend hohen Maschinenlasten auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, die zu einer Verdichtung des Bodens und so zu erhöhtem Oberflächenabfluss führen.
    In besiedelten Gebieten kann der Rückhalt durch die Entsiegelung von Flächen und Regenwasserversickerung gestärkt werden. In ländlichen Bereichen sind Aufforstung und dezentrale Retentionsbecken geeignete Maßnahmen. Die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Stärkung des natürlichen Rückhalts nimmt mit zunehmender Einzugsgebietsgröße und mit ansteigendem Hochwasservolumen ab.
Bild
Auswirkungen des Landschaftswandels auf das Abflussverhalten.

Abbildung 4:  Auswirkungen des Landschaftswandels auf das Abflussverhalten. © StMUGV
 

  • Der technische Hochwasserschutz umfasst bauliche Maßnahmen wie beispielsweise Deiche, Dämme, Regenrückhaltebecken und Flutpolderanlagen. Hiermit können Gefahren größerer Hochwasser adressiert werden, die nicht durch natürlichen Rückhalt verhindert werden können. Ziel ist es dabei, Menschen und Güter in Gefährdungsbereichen zu schützen und den Hochwasserschaden zu begrenzen.
    Um die Auswirkungen des Klimawandels in den Planungen zu berücksichtigen, wird in Bayern bereits seit dem Jahr 2004 ein Klimaänderungszuschlag von 15 % bei der Bemessung technischer Maßnahmen veranschlagt. Dieser wird dem üblicherweise zur Bemessung herangezogenem hundertjährigem Hochwasserabfluss HQ100 addiert (siehe Abbildung 5).
Bild
Schematische Darstellung eines bestehenden Damms sowie einer Planungsvariante mit Berücksichtigung des Klimaänderungszuschlags.

Abbildung 5:  Schematische Darstellung eines bestehenden Damms sowie einer Planungsvariante mit Berücksichtigung des Klimaänderungszuschlags.
 

  • Ziel der Hochwasservorsorge ist es, die Risiken extremer Hochwasser zu minimieren, die durch natürlichen Rückhalt und technischen Hochwasserschutz nicht zu verhindern sind. Maßnahmen sind beispielsweise die Berücksichtigung von Überschwemmungsgebieten in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung, hochwasserangepasste Bauweisen, Hochwasserversicherungen sowie die Weiterentwicklung von Hochwassernachrichtendiensten und Informationsaustausch, um schnelle Vorwarnzeiten zu ermöglichen.

Weiterführende Informationen

Problemfeldanaylse