Globale und regionale Klimamodelle
Klimamodelle werden dazu verwendet das Klimasystem der Erde in seinen physikalischen, biologischen und chemischen Vorgängen abzubilden. Auf ihrer Grundlage können vergangene und aktuelle klimatische Bedingungen nachgebildet sowie Aussagen über zukünftige Veränderungen getroffen werden. Die Modelle umspannen entweder den gesamten Globus (Globales Klimamodell) oder eine ausgewählte Region (Regionales Klimamodell). Die Klimamodelle basieren auf einem 3-dimensionalen Gitter von sogenannten Gitterzellen. Das Modell simuliert in den Gitterzellen anhand numerischer Gleichungen die Prozesse des Klimasystems. Je nach Modell besitzen die Gitterzellen eine unterschiedliche Größe. Globale Klimamodelle haben eine relativ grobe räumliche Auflösung. Die Gitterzellen sind meist über 100 km x 100 km groß. Kleinräumigere Prozesse, wie beispielsweise in den Mittelgebirgen oder in verschiedenen Alpenregionen, können von globalen Klimamodellen daher gar nicht oder nur näherungsweise dargestellt werden. Deshalb werden dafür regionale Klimamodelle genutzt, die hingegen lediglich eine Region der Erde wie zum Beispiel Europa umfassen. Dafür haben sie eine höhere räumliche Gitterauflösung, die durchschnittlich zwischen 12,5 km und 50 km Größe liegt. Somit können regionale Klimamodelle auch kleinräumige klimatische Gegebenheiten erfassen und simulieren.
Bayern-Ensemble
Um die Auswirkungen vergangener und künftiger Klimaänderungen in Bayern systematisch abschätzen zu können, bedarf es einer einheitlichen Datenbasis. Eine solche Datenbasis wurde vom Klimazentrum des Bayerischen Landesamtes für Umwelt erzeugt und öffentlich für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt [1]. Die Grundlage für diesen Datensatz bildete eine Vielzahl an Klimaprojektionen regionaler Klimamodelle. Diese stammen aus dem EURO-CORDEX-Projekt [2] und dem ReKliEs-De-Projekt [3] mit einer räumlichen Auflösung von 12,5 km. Um eine für Bayern besonders aussagekräftige Datenbasis zu erzeugen, welche die geographischen Gegebenheiten von Bayern bestmöglich abbilden kann, unterlief jede Klimaprojektion jedes Klimamodells einem systematischen Prüfprozess (Klimaprojektionsaudit) [4]. Wenn sich ein Klimamodell im Vergleich zu den Beobachtungsdaten der Vergangenheit räumlich und zeitlich als wiedergabekräftig erwies, wurde es in das „Bayerische Klimaprojektionsensemble“ (Bayern-Ensemble) aufgenommen. Das Bayern-Ensemble besteht somit aus qualitätsgeprüften Klimaprojektionen der Emissionsszenarien RCP 2.6, RCP 4.5 und RCP 8.5 (RCP - Representative Concentration Pathway).
Tabelle: Übersicht der dynamischen und statistischen Klimaprojektionen des Bayern–Ensemble. Die statistischen Projektionen wurden markiert (*).
Für das Emissionsszenario RCP 8.5 bestanden 10 dynamische und 2 statistische Regionalmodelle den Prüfprozess. Die beiden statistischen Modelle sind: MOHC-HadGEM2-ES_r1i1p1/CEC-WETTREG2018 und MPI-M-MPI-ESM-LR_r1i1p1/CEC-WETTREG2018. Der Unterschied zwischen statistischen und dynamischen Klimamodellen liegt in dem verwendeten Regionalisierungsverfahren. Dynamische Regionalmodelle „bauen“ dazu das Erdklimasystem, basierend auf physikalisch beschreibbaren Zusammenhängen nach. Dynamische Regionalmodelle werden allein durch die Eingangsdaten des zugrundeliegenden Globalmodells angetrieben und rechnen raumzeitlich hochaufgelöste Simulationen. Statistische Modelle wiederrum basieren auf der Ableitung empirischer Zusammenhänge zwischen großskaligen Zirkulationsmustern, die aus den Globalmodellen stammen und kleinräumigen, lokalen Messungen. Die beiden Modelltypen unterscheiden sich daher in ihrer raumzeitlichen Präzision und dem damit verbundenen Rechenaufwand. Somit wurden insgesamt 12 Klimamodelle des Emissionsszenarios RCP 8.5 in das Bayern-Ensemble aufgenommen. Für das Szenario RCP 4.5 stehen Ergebnisse von 6 dynamischen Klimamodellen zur Verfügung. Zum Szenario RCP 2.6 des Bayern-Ensembles gehören insgesamt 8 Klimamodelle (7 dynamische Klimamodelle, 1 statistisches Klimamodell).
Downscaling
Mit einer räumlichen Auflösung von 12,5 km können regionale Klimamodelle komplexes Gelände und kleinräumige klimatische Bedingungen nur stark vereinfacht wiedergeben. Aus diesem Grund wurde am Klimazentrum des Bayerischen Landesamtes für Umwelt die Auflösung der Klimaprojektionsdaten rechnerisch auf ein 5 km x 5 km Gitter erhöht. Dafür wurden die Projektionswerte des gröberen Gitters auf die Geländehöhe des feineren Gitters interpoliert. Dieses als Downscaling bezeichnete statistische Verfahren erfolgte mittels der Methode von Marke (2008) [5].
Bias-Korrektur
Klimaprojektionendaten können mehr oder weniger stark von gemessenen Klimadaten (Beobachtungsdaten) abweichen. Nicht-systematische Abweichungen oder gar fehlerhafte Datensätze wurden in einem Prüfprozess (Klimaprojektionsaudit) aussortiert. Folgen die Abweichungen jedoch einem regelmäßigen Muster, so wird von einem Bias – einem systematischen Fehler – gesprochen. Dieser Bias kann mit Hilfe verschiedener Methoden korrigiert werden. Das nennt man Bias-Adjustierung oder Bias-Korrektur. Dabei wird in einem ersten Schritt durch den Vergleich der modellierten Daten mit einem Referenzdatensatz, also einem Beobachtungsdatensatz, die Systematik hinter den Abweichungen im Referenzzeitraum untersucht. Es geht nicht darum, den zeitlichen Ablauf von Einzeljahren oder innerjährlichen Zeitperioden anzugleichen. Das Ziel ist hierbei, den saisonalen Verlauf und die Intensitäten der modellierten Zeitreihen in der Gesamtschau des 30-jährigen Referenzzeitraumes an die Referenzdaten anzupassen. In einem zweiten Schritt wird die gefundene Systematik auf die Zukunft angewendet, in der Annahme, dass dieser systematische Fehler in den Klimamodellen verankert ist und sich durch die wandelnden Rahmenbedingungen nicht verändern wird.
Die Bias-Adjustierung der regionalen Klimaprojektionen erfolgte am Klimazentrum des Bayerischen Landesamtes für Umwelt mithilfe der Methode des Quantile Mappings. Die grundlegende Idee ist hierbei, die Verteilungsfunktion der simulierten Daten mit der Verteilungsfunktion der Beobachtungen in Einklang zu bringen [6, 7]. Beim verwendeten „Quantile Delta Mapping“ [8] wurde dazu für jedes Perzentil der Verteilungsfunktion die Klimaänderung zwischen den simulierten Daten der Zukunft und des Referenzzeitraums ermittelt und anschließend mit der Verteilungsfunktion der Beobachtungsdaten verrechnet.
Beobachtungsdaten
Der Bayerische Beobachtungsdatensatz (BayObs) umfasst die Niederschlagssumme sowie die mittlere, minimale und maximale Lufttemperatur in täglicher Auflösung. Dabei wurden die verwendeten Ausgangsdatensätze auf das Gebiet Bayerns zugeschnitten und in ein einheitliches Gitter mit einer räumlichen Auflösung von 5 km überführt.
Für die Tagessummen des Niederschlags wurde der REGNIE-Datensatz verwendet [9, 10].
Für die mittlere, minimale und maximale Lufttemperatur wurde der E-OBS-Datensatz [11, 12] als Basis verwendet. Der E-OBS-Datensatz ist für fast ganz Bayern mit den HYRAS-Daten [9, 10] vergleichbar. In den Alpen zeigen sich jedoch deutliche Qualitätsunterschiede. Deshalb wurde in der Alpenregion der qualitativ bessere, aber nur bis ins Jahr 2015 vorliegende HYRAS-Datensatz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verwendet.
Für die Erstellung der Warming Stripes wurde der Grids Germany Datensatz des DWD's benutzt [13].
Nähere Erläuterungen finden Sie im Infoblatt des Bayerischen Landesamtes für Umwelt [1].
Warming Stripes
Mit Hilfe von Warming Stripes, auch Klimastreifen genannt, kann man leicht verständlich und sehr eindrücklich die voranschreitende Erderwärmung in Bayern darstellen. Sie zeigen die Entwicklung der Durchschnittstemperatur über viele Jahre. Zum Verständnis, wie die Bayerischen Klimastreifen entstehen, wurde diese Zusammenfassung erstellt.
Der Weg der Klimadaten: Von der Messung zum Klimastreifen. Quellen: www.klima.bayern.de, YouTube
Klimakennwerte
Basierend auf den Daten der Klimaprojektionen des Bayern-Ensembles berechnete das Klimazentrum des Bayerischen Landesamtes für Umwelt Klimakennwerte der Zukunft für alle Gitterzellen innerhalb der politischen Grenzen Bayerns [1]. Anschließend wurden daraus die Änderungssignale je Gitterzelle als gleitende 30-jährige Mittelwerte berechnet. Als Änderungssignal wird die absolute bzw. prozentuale Differenz zwischen den gleitenden 30-jährigen Mittelwerten der modellierten Werte in der Zukunft und dem Mittelwert der Referenzperiode der jeweiligen Modelldaten beschrieben.
Eine Liste der verfügbaren Klimakennwerte des Bayerischen Klimainformationssystems befindet sich unter Grundlagen/Klimakennwerte, inklusive der verwendeten Berechnungsvorschriften. Die Klimakennwerte wurden für jede Klimaprojektion des Bayern-Ensembles separat berechnet. Für die Emissionsszenarien RCP 2.6, RCP 4.5 und RCP 8.5 wurde das Minimum, der Median und das Maximum des Bayern-Ensembles bestimmt (Klimatool/Klimatool der Zukunft).
Weiterhin wurden Klimakennwerte der Vergangenheit auf Grundlage des Bayerischen Beobachtungsdatensatzes berechnet (Klimatool/Klimatool der Vergangenheit).
Quellen
[1] Bayerische Klimadaten - Beobachtungsdaten, Klimaprojektionsensemble und Klimakennwerte für Bayern. Abgerufen am 10.09.2021.
[2] EURO-CORDEX: https://euro-cordex.net/index.php.en. Abgerufen am 10.09.2021.
[3] ReKliEs-De: http://reklies.hlnug.de/home/. Abgerufen am 10.09.2021.
[4] Das Bayerische Klimaprojektionsensemble – Audit und Ensemblebildung. Abgerufen am 10.09.2021.
[5] MARKE, THOMAS (2008): Development and Application of a Model Interface to couple Regional Climate Models with Land Surface Models for Climate Change Risk Assessment in the Upper DanubeWatershed, Ph.D. thesis, Department of Geography, Ludwig-Maximilians University, Munich, Germany.
[6] TEUTSCHBEIN, CLAUDIA; SEIBERT, JAN (2012): Bias correction of regional climate model simulations for hydrological climate-change impact studies. Review and evaluation of different methods. In: Journal of Hydrology 456-457, S. 12–29. DOI: 10.1016/j.jhydrol.2012.05.052.
[7] MPELASOKA, FREDDIE S.; CHIEW, FRANCIS H. S. (2009): Influence of Rainfall Scenario Construction Methods on Runoff Projections. In: J. Hydrometeor 10 (5), S. 1168–1183. DOI: 10.1175/2009JHM1045.1.
[8] CANNON, ALEX J.; SOBIE, STEPHAN R.; MURDOCK, TREVOR Q. (2015): Bias Correction of GCM Precipitation by Quantile Mapping: How Well Do Methods Preserve Changes in Quantiles and Extremes? In: Journal of Climate 28 (17), S. 6938–6959. DOI: 10.1175/JCLI-D-14-00754.1.
[9] RAUTHE, MONIKA; STEINER, HEIKO; RIEDIGER, ULF; MAZURKIEWICZ, ALEX; GRATZKI, ANNEGRET (2013): A Central European precipitation climatology – Part I: Generation and validation of a high-resolution gridded daily data set (HYRAS). In: Meteorologische Zeitschrift 22 (3), S. 235–256. DOI: 10.1127/0941-2948/2013/0436.
[10] FRICK, CLAUDIA; STEINER, HEIKO; MAZURKIEWICZ, ALEX; RIEDIGER, ULF; RAUTHE, MONIKA; REICH, THOMAS; GRATZKI, ANNEGRET (2014): Central European high-resolution gridded daily data sets (HYRAS). Mean temperature and relative humidity. In: Meteorologische Zeitschrift 23 (1), S. 15–32. DOI: 10.1127/0941-2948/2014/0560.
[11] E-OBS: https://www.ecad.eu. Abgerufen am 10.09.2021.
[12] CORNES, RICHARD C.; VAN DER SCHRIER, GERARD.; VAN DEN BESSELAAR, ELSE J. M.; JONES, Philip D. (2018): An Ensemble Version of the E-OBS Temperature and Precipitation Datasets. In: Journal of Geo-physical Research: Atmospheres 123 (17), S. 9391–9409. DOI: 10.1029/2017JD028200.
[13] Grids Germany: https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/cdc/cdc_node.html. Abgerufen am 30.06.2022.